Aus dem Vorwort

Was haben wir zu tun, wenn wir Sterbende begleiten? Wir sind aufmerksam und unterstützen sie auf dem letzten Stück ihres Lebensweges, dass sie möglichst ohne Schmerzen, gut gepflegt, umsorgt von ihren Freunden oder Angehörigen, weitgehend selbstbestimmt ihren letzten Atemzug tun können. Wir verhalten uns dabei wie gute Hebammen: Wir erleichtern das Durchschreiten des Tores, denn Sterben ist ein „Geborenwerden in die Welt bei Gott“. Wir freuen uns, wenn es geschafft ist; wir holen Hilfe herbei, wenn es zu schwer und kompliziert wird.

Die Menschen sollen und wollen nicht durch unsere Hand sterben, sondern an unserer Hand, deshalb bereiten wir uns sorgfältig auf diesen Weg vor. Als Angehörige, Freunde und Ehrenamtliche in der Sterbebegleitung lernen wir in acht Schritten seelsorgerliche Tätigkeiten: wahrnehmen, mitgehen, zuhören, verstehen, weitergehen, bleiben, loslassen, aufstehen. Ja, auch loslassen und aufstehen, weil es der sterbende Mensch uns vormacht: Wir bleiben nicht hocken im gehabten Leben, wir gehen weiter, durch das Tor hindurch.

Es gibt Bilder, die das Begleiten und Unterstützen im Sterben beschreiben: Wir bilden ein tragendes Netzwerk, wir achten einander in unseren unterschiedlichen Tätigkeiten und Professionen. Unmittelbar in der Nähe des sterbenden Menschen, ihm zugewandt, leisten wir unseren Dienst oder bleiben in respektvollem Abstand stehe und beobachten, was geschieht, wann wir gebraucht werden und wann nicht. Wenn es darauf ankommt, halten wir die Hand unter oder legen sie zum Segen auf. Wir fragen uns, was das Sterben erleichtern könnte: eine gute Schmerztherapie, eine ganzheitliche Pflege, eine Bearbeitung letzter ungelöster Probleme, eine gute und liebevolle spirituelle Begleitung.

Bei der Geburt ist Steißlage eine schmerzhafte Komplikation, im Sterben auch. Wie ermöglichen wir es, dass die von uns begleiteten Menschen in „geistliche Kopflage“ kommen können? Eine Perspektive muss her, eine Vorstellung von dem, was vor uns liegt. „Wer nur zurückblickt, ist nicht geschickt für das Reich Gottes“ (Luk 9,62).

Könnte das der unverzichtbare Beitrag der Seelsorgenden sein, Perspektiven zu eröffnen, Deutungshorizonte in den Blick zu nehmen, die vom Schmerzhaften des Abschieds ablenken und Trost vermitteln?

Peter Godzik